In dieser Geschichte findet Ihr einen Beitrag zur Eifeler Mundart. Es handelt sich um eine Facharbeit, die meine Schwester Johanna Schaal 1981 am Regino-Gymnasium in Prüm im Leistungskurs Deutsch bei Dieter Müller in der 12. Klasse verfasst hat. Der Titel lautete:
MERKMALE MEINER HEIMATLICHEN MUNDART
EMPIRISCH UNTERSUCHT AN AUSGEWÄHLTEN BEISPIELEN AUS MEINER HEIMATGEMEINDE UND ANGRENZENDEN ORTEN
Hersdorf, 3. August 1981
VORWORT
Während eines abendlichen Kneipenbummels durch ein Kölner Vorstadtviertel ereignete sich eine recht merkwürdige Begebenheit. Vier junge Hersdorfer Bürger unterhielten sich in der fremden Umgebung im heimatlichen Dialekt. In einem Café saß am selben Tisch eine ihnen unbekannte, junge Frau. Während sich drei in der mundartlichen Unterhaltung ereiferten, fragte eine von ihnen die Tischnachbarin, ob: es nicht ein wenig langweilig sei, einem für sie vermutlich unverständlichen Gespräch zuzuhören. “Nun ja,” gab die junge Frau zur Antwort, “mit dem Kölsch komme ich nicht so gut zurecht”. Auch wenn eine gewisse Verwandtschaft der Mundart des Prümer Umlands mit der kölnischen Mundart nicht zu verkennen ist, war die Antwort der offenbar aus Hamburg stammenden jungen Frau für die Hersdorfer wohl ebenso schockierend, als wenn man einen Schwaben gefragt hätte, ob er badisch rede.
Mit dieser Arbeit möchte ich den Versuch starten, meine heimatliche Sprache näher zu untersuchen, in historischer und geographischer Hinsicht zu kennzeichnen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur ripuarisch-kölnischen Mundart herauszuarbeiten.
Die Arbeit soll zugleich der Versuch sein, einen bescheidenen Beitrag zur Erhaltung des “Häeschdorwer Plaat” zu leisten.
GLIEDERUNG
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Zur Entstehung der Eifelmundart
2.1.1 Versuch einer historischen Betrachtung
2.1.2 Einfluß aus anderen Sprachen
2.2 Unterscheidungsmerkmale moselfränkisch-ripuarisch
2.3 Versuch einer Charakterisierung der Hersdorfer Mundart
2.3.2 Ortschaften mit weitgehend gleicher Artikulation
2.3.3 Unterschiede zur südlichen Gruppe bis zur „jet-eppes“ Grenze
2.4 Beispiele Hersdorfer Mundart
2.4.3 Redensarten und Schimpfwörter
2.4.5 Ausgefallene und veraltete Begriffe
2.4.6 Gedicht “Wi et friejer woar”
2.5.1 Den Verlust begünstigende Faktoren
2.5.3 Problem Dialekt – Schule
2.5.4 Die soziale Akzeptabilität
3. Schlußwort
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Die Bedeutung der Mundart
“Mundart ist die Sprache einer Landschaft, mit gestaltet aus den historischen und natürlichen Faktoren der Umwelt, getragen von einer natürlichen, unreflektierten Anschauung der Welt durch das Volk und frei von geschaffenen Regeln und Normen. Überlieferung, Umwelt und volkstümliche Geistesart tragen die Mundart.” (1)
Mit dieser Definition stellt Matthias Zender in einem Vortrag im Jahre 1962 das Phänomen Mundart heraus. Ein zusätzlich wesentlicher Faktor neben der freien, spontanen Gestaltung der Sprache ist eine gleichzeitige, innere Gesetzmäßigkeit in Lautformung und Wortwahl in Ortschaften und Ortsgruppen, Man ist weniger darauf bedacht landschaftliche Besonderheiten auszumerzen, als sie vielmehr zu betonen und zu bewahren. Tatsächlich gibt es keine schriftlichen igeln in unserer Mundart, womit ich Herrn Zender zustimmen möchte. Allerdings gibt es aus der mündlichen Überlieferung heraus sehr wohl gewisse grammatikalische Regelungen. Beispiele werden im Kapitel 2.3.1 angeführt werden.
Über die Bedeutung der Mundart gibt ein gewisser Dr. Wegeler eine weitere, zwar etwas pathetische Erläuterung, die aber erfahrungsgemäß weithin zutrifft. “Nichts hält die Menschen so zusammen wie dieselbe Mundart; sie ist es, die einzelne Menschengruppen und Familien zu Stämmen sondert und diesen hauptsächlich den eigentümlichen, sie auszeichnenden Charakter aufdrückt. Denn in jeder Mundart spricht sich ein eigenes inneres Leben aus, das mit der Muttermilch eingesogen uns stets durchdringt und nie erlöschend nach jahrelanger Abwesenheit im höchsten Alter in weitester Ferne stets die freundlichsten Anklänge und Erinnerungen erweckt.” (2) Durch Beispiele großer Zahl könnte man das Zitat belegen. Besonders wenn sich Menschen weit entfernt von der Heimat aufhalten oder treffen, ist dieselbe Mundart ein verbindendes Element. Aus Kriegserzählungen weiß man, daß Soldaten desselben Dialekts häufig schnell enge, freundschaftliche Bande geknüpft haben. Gleicherweise gibt es Beispiele dafür, daß Leute, die früh in fremdsprachige Länder (z.B. USA) ausgewandert sind, nach langjähriger Abwesenheit, zu Hause eher zur Mundart Zugang fanden als zur Hochsprache.
1.2 Untersuchungsmethode
Das Vorhaben, eine Mundart zu untersuchen, erfordert zunächst die Bereitschaft, sie im Alltag einmal bewußt zu sprechen, die Unterschiede zur Hochsprache herauszuhören und die Besonderheiten festzuhalten. Durch das relativ geringe Angebot an Fachliteratur, von Liebhaber-Arbeiten abgesehen, wird die Arbeit erheblich erschwert. Hat man das Glück, durch häufige Gespräche, oft angeregt durch Mundartsprechen im nichtdörflichen Bereich, neue Quellen ausfindig zu machen, so sind diese zum Teil unspezifisch. Bei den hier angeführten Wortsammlungen war ich auf die Hilfe älterer Bürger angewiesen, die noch mehr im Dialekt verwurzelt sind als meine Generation. Es handelt sich zu einem großen Teil um Bezeichnungen, die mir unbekannt waren. Ein Wiederaufgreifen der Worte, für die es noch Gegenstände gibt, würde einen Beitrag zur Wahrung der Originalität der Sprache leisten.1.3 Problem der Schreibweise
Schon beim Aufschreiben nur einzelner Worte entsteht die Schwierigkeit der Schreibweise. Man ist es zum ersten nicht gewohnt, in Mundart zu schreiben und zum zweiten gibt es Laute und Wendungen, die in der Schriftsprache nicht vorkommen. Zudem kann es nie gelingen, die Aussprache vom Schriftbild her genau nachzuvollziehen. Man denke an Englisch, Französisch oder aber an bestimmte Worte im Deutschen z. B. : “Rezept” oder “Veredelungsprozeß” (3). Beim letzteren werden die vier e-Laute jeweils verschieden ausgesprochen, auch würde man besser “Rezäpt” schreiben, was dem Klang näher käme. Weitere Beispiele für die Vereinbarung der Artikulation sind “Nordpol, Konditor, Segen, und Flegel.” (4) Was die Schreibweise betrifft, so werde ich mich im wesentlichen an der von Edmund Endres in “Moselfränkische Mundart” gebrauchten Form orientieren, weil das Waxweiler “Plaat” in der mir zur Verfügung stehenden Literatur dem Hersdorfer am nächsten kommt. Folgende Erläuterungen seien für die Aussprache von Nutzen. Eine Unterstreichung (Im Original wurde ein Punkt verwendet) unter dem Buchstaben bedeutet Betonung, bei Doppellauten getrennte Aussprache: der beiden Vokale. z. B. sei (sie) , äeßen (essen), Vuel (Vogel) iescht (erst) In einigen Wörtern wird der äe-Laut im Unterschied zum Waxweiler Dialekt getrennt und kurz ausgesprochen. z.B. Läewen (Leben), Mäel (Mehl), Häez (Herz), Mäez (Messer) Ein e-Laut mit Unterschreichung bedeutet offene Aussprache, wie beim zweiten e in Veredelungsprozeß. “Die Lautverbindung oa entspricht dem offenen o wie in Dotter, Sonne und Gott. z. B. bloasen (blasen), Woaner (Wagner). Bei der Lautverbindung ou wird der erste Vokal stärker betont als der zweite. z. B. Hous (Haus), Lous (Laus), Mous (Maus)” (5) Vom Klang her kommt dieser Laut dem englischen in dem Wort „follow“ nahe. Weiterhin sind sehr häufig vorhanden Doppellaute wie in laachen (lachen), Saachen (Sachen). Außerdem werden die Worte nach (noch), dach (doch) im Unterschied zum Hochdeutschen kurz ausgesprochen. Das Problem der Schreibweise hat ein Herr Josef Pütz aus Irrel mit einem Vers zu lösen versucht. Obwohl das Hersdorfer “Platt” nur eingeschränkt zum Moselfränkischen gehört, möchte ich die Zeilen übernehmen. “Ees Muselfrenkisch as net schwirr- mir schreiwen et grad noa’m Gehirr- a schwäätzen et – su schönnt et miir- am gruße ganzen net ze siir.” (6)2.1 Zur Entstehung der Eifelmundart
<h3id=”mundart211″>2.1.1 Versuch einer historischen Betrachtung
Um zu den Ursprüngen einer Sprache vordringen zu wollen, muß man sich mit der Landschaftsstruktur und den verschiedenen Volksstämmen befassen, die sich ehemals in einer Gegend angesiedelt haben. Etwa 700 v.Chr, ließen sich Kelten, ein Zweig einer indogermanischen Völkerfamilie, in Westeuropa nieder. Unter der strengen Disziplin der Druiden, Lehrer, Priester und Riethen in einer Person, lebten die im Urwald. Hinzu kamen die klimatischen Erschwernisse in Mittelgebirgen wie der Eifel.
Von 52 v.Chr. bis 486 n.Chr. stand das Gebiet unter römischer Herrschaft. Zwei große Völkerschaften hatten also bis dahin unserer Gegend ihren Stempel aufgedrückt. Die Römer wurden durch die Franken unter Clodwig vertrieben, die seitdem hier siedelten und das Land beherrschten. Nicht wenige Angehörige dieses Stammes ließen sich in England nieder. Die Geschichte kennt nun bis 1794 eine vorwiegend deutsche Herrschaft in unserem Gebiet. Bis 1815 gehörte es jedoch zum französischen Staat. (7) In unserer Mundart finden wir noch heute von der Hochsprache her unbekannte Beziehungen zu den genannten Sprachen.
2.1.2 Einfluß aus anderen Sprachen
Was die Entstehung einiger Worte betrifft, so lassen sich Verwandtschaften zum Lateinischen, Englischen und Mittelhochdeutschen finden. Besonders vielfältig ist jedoch die direkte Ableitung von Wörtern aus dem französischen Wortschatz.
Sie wurden meist klanglich abgewandelt übernommen, so daß der Eifler sie ohne Mühe aussprechen kann.
Beispiele | (französich) |
Alärt | munter, lebhaft (alerte) |
Böffjen | Schränkchen (le buffet) |
Bösch | Wald (le bois) |
Fißseel | dünner Bindfaden (la ficelle) |
Flaantes | langer Kerl (flanandrin) |
Fotel | großer, geflochtener Armsessel (fauteuil) |
Fluxen, et Waaßer hat jefluxt | starker Regen hat tiefe Rillen und Gräben in den überschüssigen Boden gerissen (le flux) |
Fuschett | Eßgabel (le fourchette) |
Hoat | Rückentrage (la hotte) |
Kanill | Zimt (la canelle) |
Kneip | kräftiges Taschenmesser (le canif) |
Kottel | Lappen, Stoffetzen (le coutil) |
Kräll | Halskette (la cyrielle) |
Kolang | Gosse, Straßenrinne (couler) |
Kurres | Jacke (court-kurz) Die früher allgemein von den Männern getragenen blauen Kittel wurden später abgelöst durch die kürzere Jacke, den Kurres |
Märlen | Amseln (le merle) |
Montur | Anzug (la monture) |
Palljaß | Strohlager auf dem Fußboden (la paillase) |
Pötz | Brunnen (le puits) |
Schang | Johannes (Jean) |
Scharättschen | zweirädrige Kutsche (le char) |
Troufel | Maurerkelle (la truelle) |
tutschen | eindellen (toucher) |
tujur | Immer (toujours) |
Der Einfluß aus dem Lateinischen stammt größtenteils daher, daß es über lange Zeit die Sprache der Kirche, die Amtssprache und die der Verständigung zwischen Angesehenen war. Was das Englische betrifft, so liegt die Ähnlichkeit der Laute oder Worte im gemeinsamen germanischen Ursprung begründet. Auch was das mittelhochdeutsche angeht, lassen sich in unserer Mundart noch einige Relikte aufspüren.
Beispiele | (lateinisch) |
Boll | Schöpfkelle, (bulla Wasserblase, Buckel bei Schmuckstücken l |
Fillen | Fohlen (vitulus) |
foutelen | mogeln, betrügen (favere begünstigen) |
Krischelen | Stachel-Johannisbeeren (grossuleria) |
iderien | Wiederkäuen (iterare wiederholen) |
jedim | beruhigt (domitus gezähmt) |
Juck | Scheunenaufbau (iugum Querholz, Joch) |
Klouster | Vorhängeschloß (claustra Riegel) |
Kelter | Pflugmesser (culter Messer) |
Moster | Senf (mosterada) |
Peisch | umzäumte Weide (pascua Weideland) |
spinxen | neugierig schauen (adspicere ansehen) |
Beispiele | (Englisch) |
dai | Überreif (Birne) müde, abgespannt (to die – sterben) |
Änkel | Fußknöchel (ankle) |
Jeleef | Blätter am Gemüse (leaf das Blatt) |
nou | Jetzt (now) |
Reil | Querholz (rail) |
red | Fertig (reddy) |
ömpisch | klein, niedlich (empty-bedeutungslos) |
Owen | Ofen (oven-Herd) |
Scheef | Strohbürden (sheaf) |
wöll | jetzt, nun (well) |
sei | Sie (they) |
Het | Kopf, Sinn (head) |
Beispiele | (mittelhochdeutsch) |
bestadden | heiraten (bestaaden) |
däck | oft (dik) |
loes | langsam / leise (los) |
Pol | Pfütze, Tümpel (pole) |
Pond | Pfund (pfond) |
quäesch | quer, verdreht (querch) |
Schmill | Grasbüschel (Schmele) |
Sproan | Star (Sprehe) |
2.2 Unterscheidungsmerkmale moselfränkisch ripuarisch
II = das Moselfränkische (Trierische) auf dem Boden des ehem. Kurfürstentums Trier und seiner Einflußgebiete in Luxemburg, Eifel und Westerwald. Begrenzt von
I = das Rheinfränkische (Kurpfalz und Kur-Mainz)
III= das Ripuarische / Kölnische (Kurköln und Jülich)
Mitten durch die Eifel verläuft eine sogenannte Sprachbarriere, die die beiden mittelfränkischen Sprachgruppen ripuarisch und moselfränkisch, die sprachgeschichtlich zum westmitteldeutschen gehören, voneinander trennt. Es gibt jedoch keine genau festgelegte Grenze, sondern mehrere Sprachscheiden oder Linien. Die allmähliche Ausbildung der “Eifelbarriere” auf der zwischen den alten Kulturräumen von Köln und Trier gelegenen Wasserscheide wurde durch die hier verlaufende Diözesangrenze zwischen Köln, Trier und Lüttich begünstigt (11). Heute verläuft dort ungefähr die Landesgrenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
“Die Unterschiede in den Mundarten beider Sprachräume treten in der Artikulation bestimmter Laute, in der Ausdrucksweise, Rede des Volkes und in der Altertümlichkeit des Wort- und Formenschatzes hervor.” (12)
Einige charakteristische Unterscheidungsmerkmale sind noch zu erkennen. Im ripuarischen oder kölnischen wird “g” im Anlaut immer durch “j” ersetzt. Eine “j-g” Linie, die mit der jet-eppes (etwas) Grenze zusammenfällt, liegt jedoch sehr weit südlich. Auch “die typisch kölnische Gutturalisierung des „n“ zu „ng“, wie Wein – Weng beginnt auf dieser Linie, die von der Landesgrenze bei Lützkampen über Lichtenborn-Waxweiler zur Kyll nach Densborn verläuft.” (13)
Der moselfränkische oder trierische Einfluß reicht andererseits weit nach Norden bis zur Dorf-Dorp Grenze (Siehe Karte), so daß man sagen kann, daß im Gebiet des früheren Kreises Prüm Übergangsmundarten vorliegen, die im Süden stärker zum moselfränkischen und im Norden mehr zum ripuarischen hin orientiert sind.
Eines der wichtigsten Merkmale für den Kölner Raum ist die Erhaltung der alten einfachen, langen Monophthonge i, u in Wörtern wie Lim (Leim), Huus (Haus), Muus (Maus), die im Süden Leim, Haus, Maus oder Leim, Hous, Mous gesprochen werden. Nicht minder charakteristisch sind für den Norden die gerundeten Vokale ö, ü in Wörtern, wie Böck (Böcke), Bröder (Brüder), für den Süden die entsprechend entrundeten Beck und Brider oder Breder je nach der Gegend.
2.3 Versuch einer Charakterisierung der Hersdorfer Mundart
Für die Einordnung des Hersdorfer Dialekts als moselfränkische Mundart mit Übergangscharakter zur ripuarischen hin lassen sich verschiedene Kriterien anführen, Was den Klang betrifft, so spricht man weder soweit gedehnt und gezogen wie im Süden (Trierer Sprachraum) noch so leicht und singend wie im Norden (Kölner Sprachraum). Man findet eine stimmlose, harte Aussprache der Konsonanten wie bei den “Moselfranken”, aber eine mehr geschlossene Artikulation der Vokale wie bei den “Kölnern”.
Der Hersdorfer spricht Laute wie tr und dr, pl und bl, pr und br kr und gr fast ohne merklichen Unterschied, was als moselfränkische fränkische Eigenart gilt. (14) Auch im Hochdeutschen bedarf die Differenzierung nicht selten einer besonderen Beachtung. Beispielsätze sollen das verdeutlichen:
“Trei Jahre trägt sie schon die plaue Pluse.” Seit dem krausamen Krieg predigt er fortwährend gegen die “Praunen“. “Als weitere Merkmale des Trierischen kennt man eine Vokaldehnung in Wörtern wie: kraank (krank), kaalt (kalt), stäächen (stechen) und gleichzeitig eine geschlossene, dem Kölnischen ähnliche Aussprache der Vokale in Wörtern wie: Been (Bein), Deel (Teil) im Vergleich dazu Baan und Daal im Süden. (15)
Außerdem kennt der Hersdorfer die westmoselfränkische Lautverschiebung von i nach a in Wörtern wie: Rand (Rind), Wand (Wind), Wanter (Winter), die sich beinahe über das gesamte Prümer Kalkgebiet erstreckt. Bis an den Südrand des Kreises Prüm ist das ripuarische “j” erhalten. So gibt es in den Dialekten des Prümer Umlands keinen Unterschied zwischen den Verben “geben” und “werden”. z.B.: Esch jen dir meng Tasch. (Ich gebe dir meine Tasche.) Esch jen trößisch Joar ahlt. (Ich werde dreißig Jahre alt). Eine weitere Besonderheit im Wortschatz des Moselfranken ist, daß das Verb “nehmen” stets durch “holen” ersetzt wird. Wenn dieses Defizit im Dialekt nicht ins Gewicht fällt, so hört sich die Übersetzung ins Hochdeutsche recht eigenartig und falsch an.
z.B. “Er überholt die Verantwortung nicht.” Als Gemeinsamkeit mit dem Kölner Sprachraum findet man noch alte mittelhochdeutsche Ortsadverbien vor, die in die Schriftsprache nicht übernommen worden sind. z.B.: dor (da, dahin), dorkun (ausreichen), dann (weg, von dannen), dann jon (weggehen).
2.3.1 Zur Grammatik
Aufgrund des einfachen und kurzen Satzbaus erscheint die zu beschreibende Sprache als simpel und kindlich. Es wäre jedoch gewagt, sie als restringierten Kode oder gar als Gassensprache einzuordnen. Wenn auch nicht schriftlich fixiert, so gibt es doch mündlich überlieferte Regeln und Besonderheiten, die ich im folgenden zu beschreiben versuchen werde.
So wie man im Kölner Sprachraum den Nominativ meist auch als Akkusativ verwendet, kennt der Moselfranke den umgekehrten Fall. Er gebraucht den Akkusativ als Nominativ, in der Regel jedoch nur, was die Pronomen betrifft.
z.B.
rip. : Esch jon mat der Täsch op der Maat. (Ich gehe mit der Tasche zum Markt).
Mos.: hern (er, ihn), wern (,wer, wen)
Als weitere Besonderheit in der Deklination fällt auf, daß wie bei den meisten Rheinländern der Genetiv nur in Umschreibungsform mit Hilfe von Possessivpronomen gebräuchlich ist.
z.B. Däm Jong seng Eltern. (Die Eltern des Jungen)
Im Satzbau fehlt auffälligerweise bei einigen Verben das Imperfekt. Außerdem gibt es kein “e” am Ende der Imperfektformen bei schwachen Verben.
z.B.: soan soat jesoat (sagen sagte gesagt)
baachen buch jebaaoh (backen buk gebacken)
strechen – jestrach (streichen strich gestrichen)
Die Deklination der Adjektive ist stark vereinfacht. Den maskulinen Formen wird im Singular ein stimmloses “e” angehängt, ebenfalls den Dativ – Formen aller drei Geni im Plural und der Neutrum Form im Dativ Singular. Die Silbe “er” mit stimmlosem “e” steht als Endung der femininen Dativ Form im Singular sowie aller Pluralformen soweit eine zahlenmäßige Bestimmung vorangeht.
z.B. :
en jruß Frau (eine große Frau)
en jruße Maan (ein großer Mann)
e jruß Kand (ein großes Kind)
zwu jrußer Frauen
zwin jrußer Männer
zwee jrußer Banner
Was die Dreigeschlechtlichkeit des Wortes zwei betrifft, möchte ich ein Zitat von Adam Wrede Übernehmen.
“Die Eifeler Mundarten sind wegen ihrer Altertümlichkeit für die Sprachwissenschaft, die Lautlehre und den Wortschatz, von besonderer Bedeutung; die Eifel wird geradezu als Horst- und Reliktgebiet der Sprache bezeichnet. Erhalten hat sich in alter Eifeler Bauernsprache die Unterscheidung des Zahlwortes zwei in’ den drei Geschlechtern zwing zwu, zwee, in’ der hochdeutschen Schriftsprache geschlechterlos zwei.” (18)
Über die Erhaltung der altdeutschen Formen zwene, zwo, zwei gibt es ein Gedicht mit Lautformung der drei Worte in der Mundart der Bitburger Gegend, das ich zur Verdeutlichung des Phänomens übernehmen möchte.
“Eween” – “Zwu” – “Zwä“
So sprach man in der alten Zeit
in deutschen Gauen weit und breit, so teilt man noch im Eifelland,
was anderwärts wird “Zwei” benannt.
Und willst die Sprache du versteh’n,
mußt du dir das Geschlecht beseh’n,
von dem die Rede ist im Paar.
Ich mach dir’s an Exempeln klar.
“Zween” Männer sieht der Eifler geh’n,
“Zwu” Frau’n nahbei am Brunnen steh’n,
“Zwä” Kinder kommen noch herbei-
macht sechs aus “Zween” und “Zwu” und “Zwä”.
Du hast “zween” Füße, drauf zu steh’n,
“Zwä” Beine aber, drauf zu geh’n,
zu schaffen hast “zwu” Hände du,
der Schlaf macht dir “zwä” Augen zu.
“Zween” Finger man zum Schwur aufhebt,
ein Lächeln um “zwu” Lippen schwebt,
“zwä Ohren hat der Mensch am Kopf,
wer’s nicht kapiert, der ist ein Tropf. (19)
2.3.2 Ortschaften mit weitgehend gleicher Artikulation
In den um Prüm liegenden Ortschaften Wascheid, Gondenbrett, Mehlen, Weinsfeld, Watzerath, Niederprüm, Ellwerath, Rommersheim, Giesdorf, Wallersheim, Fleringen, Weinsheim, Dausfeld, Hermespand und Willwerath findet man eine weitgehende Übereinstimmung mit der Hersdorfer Mundart. Feine klangliche Nuancen, die doch Dorfgruppen erkennen lassen, sind vorhanden. Zumeist lassen sich diese phonethischen Abstufungen zwar akustisch wahrnehmen, aber nicht schriftlich festlegen.
Differenzen innerhalb der Dorfgruppe
Wenn ein der Eifelmundart Fremder zwischen den Dialekten den oben genannten Ortschaften keine Unterschiede bemerkt, so ist doch ein aufmerksamer Zuhörer in der Lage nach einer ausführlichen Unterhaltung festzustellen, aus welcher der Ortschaften der Gesprächspartner stammt.
Die Fleringer, Gondelsheimer, Schwirzheimer und Büdesheimer erkennt man zum Beispiel daran, daß sie bei den Worten “zehn, sehn” etc., die im Hersdorfer “zin” und “sin” ausgesprochen werden, nach dem i-Laut ein angedeutetes a anhängen “zian, sian” etc.
Ebenfalls in diesen Orten wie auch in Wallersheim bemerkt man in der Artikulation einiger Worte eine Betonung des ue-Lauts. z.B. Wallersheim: muuer (morgen) Hersdorf: muer (morgen)
In Rommersheim, Hermespand, Dausfeld und Ellwerath sagt man “de Ur” (Uhr) wobei in Hersdorf das vermutlich ältere Wort “Quer” gebraucht wird. Dort sowie in Niederprüm wird das Pronomen “und” mit langem “u” ungefähr “uus”, in Hersdorf dagegen “ues” ausgesprochen.
Was die in der Eifelmundart so vielseitige Benennung für Löwenzahn betrifft, so gibt es allein in den oben genannten Orten fünf verschiedene: Bajenplatschen, Käätenstammen, Zigorlien, Eierstammen und Eierflatschen. In Hersdorf ist die letzte gebräuchlich (20)
2.3.3 Unterschiede zur südlichen Gruppe bis zur jet-eppes Grenze
In der Mundart der südlich von Hersdorf gelegenen Nachbarorte Seiwerath, Dingdorf und vor allem Schönecken gibt es schon gravierende Unterschiede, was die Lautdehnung und Lautveränderung betrifft. Der Hersdorfer ” hat sei Jescherr matjehollt” (hat seine Sachen mitgenommen), der Schönecker hingegen “hoat sei Jescheer metjehoalt“. Ein ausführlicher Vergleich der beiden Dialektfärbungen käme einem gesonderten Referat gleich. Global geurteilt läßt sich auf einer Linie südlich von Hersdorf eine schon stärkere Tendenz zur gedehnteren, moselfränkischen Artikulation hin erkennen.
Obwohl das Schönecker “Platt” als originelle Mundart in keinem anderen Ort so gesprochen wird kann man in Dörfern südlich der Nims entlang und auch um Raum Waxweiler mehr Parallelen finden als in Hersdorf und den in 2.3.2 genannten Orten.
Bei den nachfolgenden Beispielwörtern steht die Spalte Hersdorf für die auf der zweiten Karte gekennzeichneten Gruppe, die Spalte “Schönecken” für die eben beschriebenen Ortschaften
Schönecken | Hersdorf | Hochdeutsch |
Läfel | Leifel | Löffel |
Mäehl | Mäell | Mehl |
Jriemel | Jrimmel | Krümel |
Frääsch | Freisch | Frosch |
pesbern | pöspern | Flüstern |
Mellisch | Möllisch | Milch |
Deppen | Döppen | Topf |
Neben der Dehnung der Laute zum Süden hin läßt sich eine e – ö Verschiebung nach Norden zum kölnischen Sprachraum hin erkennen. (siehe 2.2)
Der häufig gebrauchte “ei-Laut” ist für die in 2.3.2 genannte Gruppe charakteristisch. Spöttisch sagt man in Schönecken den Hersdorfern nach
“Esch jung op de Peisch,
do fung esch en Freisch
die han esch jeweisch
an duht se a’meng Teisch.”
2.4 Beispiele Hersdorfer Mundart
Was den Wortschatz betrifft, so gibt es eine phantasievoll reiche Auswahl an Ausdrücken im landwirtschaftlichen und häuslichen Bereich. Zur Charakterisierung läßt sich hinzufügen, daß die Sprache im großen und ganzen mehr auf gegenständliches als auf gedankliches ausgerichtet ist.
Eine besondere Naturverbundenheit des Eiflers, in früherer Zeit hauptsächlich als Land- und Forstwirt tätig, zeigt sich am Einfallsreichtum in den angeführten Bereichen.
Das Gedicht “Wi et frijer woar” in alter Hersdorfer Mundart wurde von Susanne Meyer geschrieben, die es mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.
2.4.1 Tier-und Pflanzennamen
Aatzel – Elster
Barisch – männliches Ferkel junges Kalb
Beitzjen – junges Kalb
Bier – Eber
Bötschel – Ziege
Boutz – großes Kalb
Bunnes – junges Rind
Kageschelschen – Eichhörnchen
Kalev – Kalb
Kikälevjen – weibliches Kalb
Kälwen – trächtiges Rind Kuh
Ku (Pl. Ki) – Kuh
Liverhinkelcher – Lerchen
Mäezmirlen – Amseln
Mässjer (dim.) – Meisen
Pöllen – Junge Hühner
Rand – Rind
Seejammes – Ameise
Schirek – männliche Fohlen
Aampern – Himbeeren
Battelääpel (Pl.) – Frucht des Weißdorns
Biwellen (Pl.) – Zitterpappel
Bratzel – Schnittlauch
Breetloof – Lauch
Brineistel – Brennnessel
Dänn – Tanne
Freischeblumen – Hahnenfuß
Gugucksschallen – Schlüsselblumen
Häedderich – Hederich
Häselder – Haselnußstrauch
Höttebluemen – Kuhschelle
Jäskrout – Vogelmire
Katrinnebluemen – Wiesenschaumkraut
Kipphinncher – Tannenzapfen
Kirmesdeist – Klettenfrüchte
Knollen – Rüben
Lätschestrenk – breitblättrige Ampferart
Moalbern – Waldbeeren
Moersur – Feldsalat
Muhki – Herbstzeitlose
Primmelen – Brombeeren
Scharannien – Geranien
Schlinnen – Schlehen
Soueraamper – Sauerampfer
Stempelbunnen – Brechbohnen
stenkijen Huffert – Targetis
Waakelder – Wacholder
Wand – Winde
2.4.2 Haus- und Flurnamen
Nach W. Magraff kann man Hausnamen wie folgt einordnen.
Als Beispiele sind Namen in Niederhersdorf gewählt, die nicht mehr mit den jetzigen Familiennamen übereinstimmen.
Name des Bauherrn:
- Buschen (Busch)
- Huppen (Hupp)
- Fälsches ( – )
Vorname eines Besitzers:
- Pittern (Peter)
- Vrunnen (Veronika)
Kirchlicher/weltlicher Titel:
- Burisch (Burg)
- Schull (Schule)
Berufsbezeichnung:
- Woaner (Wagner, Wagenbauer)
- Schmatz (Schmied)
Flurbezeichnung
- Rits (Auf dem Röd)
Einen ehemals großen Hof, wo in früheren Zeiten gedroschen wurde nennt man noch heute “Fliels“ von “Fliel”(Dreschflegel). Wenn ein zum Hof gehöriges Backhaus zum Wohnhaus umgebaut wurde meist nach einer Erbteilung oder Heirat, wurde der Name “Baakes” eingesetzt oft mit Zusatzname zur Unterscheidung z.B.: Klammisch – Baakes und Bouse – Baakes.
Als einzigartiges Merkmal der Flurnamen ist zu beobachten, daß die Übersetzung an die mundartliche Bezeichnung angelehnt ist und nicht umgekehrt.
Mundartliche | Amtliche Bezeichnung |
op tem Aaker | auf dem Acker |
Axler | Axdell |
an der Eisebaach | im Eisenbach (ehem. Erzgruben) |
a Fusdaal | im Fuchstal |
op Hääxler | auf Hexler |
an Heresellt | im Heresthal |
am Hoach | im Haag |
an Hoanisch | im Hanisch |
op Jiersbärisch | auf Gieresberg |
am Jillesbongert | im Gielesbungert |
op Jippebärisch | auf Gippenberg |
Jreimelsched | Kreimelscheid |
öp dem Kieschteboom | bei den Kirschbäumen |
Krommenaaker | Krummenacker |
op Leiwischbärisch | auf dem Leibesberg |
op dem Mäellboom | auf den Mehlbäumen |
a Mierepeisch | im Mierepaisch |
op Nomeßen | auf den Ameisen |
op Päafebärisch | auf Pfaffenberg |
a Primerpaad | im Prümmer Pfad |
2.4.3 Redensarten und Schimpfwörter
Et jet mihj Kääten wi roasend Honn
Es gibt mehr Ketten als rasende Hunde.
Brut zu Brut schmächt nöt
Brot zu Brot schmeckt nicht. (Wenn Bruder und Schwester zusammen tanzen müssen)
En Frau dreet an dr Schiez mihj ous dem Hous, wi e Maan mat dem Woan ranfiert
Eine Frau trägt in der Schürze mehr aus dem Haus, als ein Mann mit einem Wagen hereinfährt.
A jiddem Hous hängt e Kreiz, we mr et och nöt seiht.
In jedem Haus hängt ein Kreuz, auch wenn man es nicht sieht.
Die kratschelisch Koaren joan am langsten.
Die wackligen Karren fahren am längsten. (Trost bei Krankheit)
E Kalef wat jut seift broch nöt vill ze fräeßen.
Ein Kalb, das viel trinkt, braucht nicht viel zu fressen.
De Wolef verliert seng Hoar, äwer nöt seng Noupen.
Der Wolf verliert sein Haar, aber nicht seine Angewohnheiten.
Et jet ke jrußer Leed, wie daat, wat mr sisch sälwer andeet.
Es gibt kein größeres Leid als das, was man sich selbst antut.
Häen as nach nöt dreschen hanner den Uhren.
Er ist noch grün hinter den Ohren.
Et as e Wädder, mr scheckt keen Honn erous.
Bei einem solchen Wetter schickt man keine Hunde hinaus.
Hat as am bräächen.
(Wenn ein Kind Zähne bekommt) (23)
Nou äwer flott den Holzebärisch erop
Jetzt aber schnell die Treppe hinauf. (Letzte Aufforderung für Kinder endlich schlafen zu gehen)
Dou kräs jeng en an de Leiskoul.
Du bekommst gleich eine Ohrfeige.
Meisköttelen spötzen an op de Hiekaant sätzen.
(Auf wiederholtes Fragen, was sie machen soll (erhalten Kinder zuweilen diese unsinnige Antwort.)
Jeng rabbelt et, da kräscht dr de Kirmes van hanee jewisen.
(Drohung mit einer harten Strafe.)
Dat woar en heiden Aarbet.
Das war sehr viel Arbeit. (auch unangenehm)
Mr as su verladden wie Masthans op Kidrecksdaach
Man ist überaus beschäftigt.
Häen as nach nöt a Schmitz – Baakes vorbei.
Er ist noch nicht außer Gefahr- oder das, was er sich vorgenommen hat, ist noch nicht beendet. (Für die Entstehung dieses Ausspruches gibt es verschiedene auch historische Erklärungen. Sie im Einzelnen anzuführen, wäre jedoch zu aufwendig).
We’ mr drei Neistnotzen öm en Bierd bönnt an se de Bärisch erof schiwellt, as nouter eenen Neistnotz owen.
Wenn man drei Taugenichtse um ein Bündel bindet und einen Berg hinab rollt, ist immer ein Taugenichts oben.
Aussprüche des Erstaunens:
Maijusepp (Maria, Jesus, Josef)
Jesses Kanner (Kinder Jesu)
Kät krabbel de Waand eropen. (-)
Schimpfwörter:
Dämel (-), Flaantes(-), Troales (-), Depp (-),
Flüche:
zum donnerzu, zum donnerkeil,
kret jiss joa, hakretjiss, sacretjiwel
verdammt narenkier,
“moetjiß, auch zackertjiß, entstanden aus Mort de Jesus, einem welschen Fluch, der aus Franzosenzeiten des 17. Jhd. hängengeblieben ist. ” 24
2.4.4 Kinderreime
Heia bombeia bombousen
ivermuer ji mr no Klousen
da ji mr durch den Häselderbösch
on plecken ues de Teisch voll Häseldernöß
Hei hast’n Daalerchen,
da ji mr ob et Määrtchen,
da koofe mr e Kischen mat em Kälevjen
mat ’em jäelle, jäelle Schwänzjen,
kille, kille wänzjen.
Decke Maan kat oxe kooft,
zeije Maan hat se heemjefaeren
lange Maan hat se dut jemach,
Juffers Mot hat de Wuescht jemach,
on daht kle Kläsjen hat se all jäes.
Ann läck de Pann,
läck se nöt zu lang,
sos jet dei Muder bang. (alte Form für Mutter)
Op der Hieh fung ‘en sisch de Flieh,
op der Hoard hat ‘en sisch bestoat,
a Mierbelt hat ‘en siech jetierbelt.
Heia, bombeia wire mir do,
wu di hell blo Blimmcher ston,
wu de Engelcher sangen,
wu de Schäelcher klangen,
wu der schinste Birreboom steht,
dern di jutsde Birren treet.
Esch nutz op dem Hivelchen
on fleckt mir mei Stivelchen,
du kum en Eil, on holt mir meng Seil,
du kum e Kalev on holt mr den Drot halev,
du kum e Bock do saat esch misch drop.
2.4.5 Ausgefallene und veraltete Begriffe
Äeftseit | Nordhang |
alljeboat | ständig, dauernd |
äwentzisch | inwendig |
bären, hat bärt dern nöt | mögen, sie verschmäht ihn |
Beck | Heureuter |
Behei maachen | Aufsehen erregen |
beisen | wenn Bremsen die Kühe auf der Weide zu stark belästigen stellen sie die Schwänze hoch und rennen los |
Beisl | Wäsche |
betieren | bekleckern |
bitzen | Nähen |
blitt | scheu |
Bonzelkoap | Purzelbaum |
Borren | Brunnen, Born |
Bueschtebänner | Besenbinder (heute Schimpfwort) |
dapper | schnell, (wenn Kinder laufen gelernt haben) |
Dämpisch’ | Kurzatmigkeit bei Pferden |
deierlich | schwach, armselig |
deletzt | neulich |
Dillendoap | Kreisel |
dirängeln | hartnäckig um etwas bitten |
Ducksaal | Empore |
Edem | Schwiegersohn |
entsannen, sich | sich entsetzen |
erkobern, sich | sich erholen (auch bei Blumen) |
estermieren | in Ehren halten |
Fekmill | Doppelmühle beim Mühlespiel |
Fislemadencher | Nichtigkeiten |
Flutz | bewässerte Wiese |
foaschen | reihen (beim Nähen) |
foatzisch | viel, reichlich |
Fuppmöllisch | Buttermilch |
furwatzisch | Neugierig |
Galijen | Hosenträger |
hallijen | stoßweise atmen |
Haseschmer | übriggebliebenes Reisebutterbrot |
Heedheijer | kleine Sense |
Heikropen | ein aus Rundstab angefertigtes Werkzeug mit Griff und Widerhaken zur Heuernte |
heiwlts | Während |
Hoal | verschiebbarer, eiserner Topfhalter über dem früher offenen Herdfeuer |
Huffertsbönsel | eitles Mädchen |
Jadden | Gegenpart beim Schuh |
Jaloppsten | Bimsstein |
Jebeets | Marmelade |
jedaamer | gefügig |
jemällisch | Langsam |
jeuschert | gekränkt |
Jeschliwer | Kleinholz zum Feueranzünden |
Jickel | Empore |
Jihonger | plötzliches, starkes Hungergefühl |
jriselen | beim Buttern bilden sich erste Klümpchen |
Kaapestierdisch | Kartoffeln und Kraut püriert |
Kaast | mehrere Korngarben zusammengestellt |
Keip | erst und letzte Schnitte vom Brot |
Kipp | Fehlgeburt |
Kitchen | Gefängnis |
klaafen | erzählen, klatschen |
Klarr | großer Fleck |
kneielen | ohne Appetit essen |
Klötsch, en – Desch | eine Hand voll Teig |
Komp | Trog, (selten) große Schüssel |
Krunnisch | launisches Mädchen |
Kuddel | Kuhhandel, kleines Geschäft |
lausledisch | ledig |
leestisch | nicht durchgebacken |
lokisch | lauwarm |
luediwer | dort hinten |
Madden | Heuschwaden |
mönschesmoß | genau abgestimmt, mundgerecht |
mudersillisch ellen | mutterseelenallein |
neistnotzisch | verdreht, Unsinn im Sinn |
Palljaß | Notbett aus Stroh |
piddellen | eine Arbeit verrichten, die Fingerspitzengefühl erfordert |
Pisemen | Flusen |
plönneren | tragen, transportieren |
pueten | dauernd aus und eingehen |
ommebisch | eifrig |
ömpisch | klein, zierlich |
onduen | unerzogen, tückisch |
owenop | Etagen, oberhalb Parterre |
Rafft | Zeitspanne |
Rack | Mit Brettern gebaute Zwischenetage in der Scheune |
Ränsel | Dorfbesen |
reisten | Flachs trocknen und bleichen |
romelisch | schmutzig im Gesicht |
schirepsen | ungeschmierte Türscharniere |
Schmull | Grashalm mit Fruchtstand |
Schnegdang | Hufkrankheit beim Rindvieh |
Schwongkirmes | Flachskirmes |
Schwongstok | Gerät zum Bearbeiten des Flachses |
schwalijen | Lodern |
spreeden | Heu, Stroh, Flachs auf dem Feld/Wiese verteilen |
stegger e zwölef | ungefähr zwölf |
Teimer | Sturzkarre |
toapisch | Einfältig |
Trouschel | Baumkrone |
trouschelisch | rundlich |
Truff | Querbalken unter dem Putz |
verdomenieren | verlieren |
verdömpelen | vertuschen |
verkalen | sich erkälten |
verladden | stark beschäftigt |
verlangern | Heimweh / Sehnsucht haben, verlange nach |
verseijen | von der Milch abkommen |
verspöllischt | verschwendet |
Wuppdisch | Energie |
Wengkoff | Verlobung |
zaddern | wenn der Boden vibriert |
zanter | seit |
2.4.6. Gedicht “Wie et frijer woar”
2.5. Der Verlust der Mundart
2.5.1 Den Verlust begünstigende Faktoren
Allgemein läßt sich beobachten, daß auch in der Eifel immer weniger Mundart gesprochen wird. Sie hat ihren Höhepunkt überschritten. Besonders in größeren Ortschaften oder in Kleinstädten (z.B. Schönecken oder Prüm) findet man in der jüngeren Generation kaum noch jemanden, mit dem man sich “op Plaat” unterhalten kann.
Für diesen Wandel lassen sich verschiedene Gründe anführen. Zunächst sind die Orte durch die verkehrsmäßige Erschließung nicht mehr wie in früheren Zeiten weitgehend von der Umwelt abgeschlossen. So fördert der dauernde Umgang mit “Eifelmundart-fremden” die Haltung sich ganz auf die Hochsprache umzustellen.
Weiterhin ist der Einfluß der Massenmedien auf den Dialekt nicht zu verhindern. Der Wortschatz wächst nur noch in der Weise, als Begriffe aus der Hochsprache übernommen und nur ganz selten mundartlich verändert werden. Beispiele für Wörter, die nicht verändert werden sind: Kühlschrank, Radio, Weltraumfahrt, schwerelos, Auto, Mähdrescher, Servolenkung, Lidschatten, Sendung, Kreiselmäher etc.
Hauptsächlich Jugendliche, die noch Mundart reden, ändern Modeworte und Wendungen ab, die ihnen besonders aktuell erscheinen. z.B.: „Esch ha ke Bock, daat stenkt mir, do ston esch nöt drob, etc.
Wirtschaftlicher und technischer Fortschritt sowie gesellschaftliche Veränderungen haben den mundartlichen Wortschatz erheblich gewandelt.
2.5.2 Fluktuation
Grob gesehen kann man von drei Gruppen “Mundartsprechende” ausgehen. Ich lege hier Beobachtungen und Erfahrungen zugrunde, die ich in Hersdorf machte. Jedoch sind diese Feststellungen auf Ortschaften gleicher Größe (ca. 400 Einwohner) im umliegenden Gebiet übertragbar.
Zunächst gibt es die Gruppe der älteren Leute, die im Dorf aufgewachsen, vorwiegend im häuslichen und landwirtschaftlichen Bereich tätig sind und relativ geringen Kontakt zur Außenwelt haben und hatten. Innerhalb dieser Gruppe sind noch viele alte Begriffe und Redewendungen gebräuchlich, die im Kapitel 2.4.5 aufgeführt sind.
Die mittlere Generation hat durchgehend noch Mundart erlernt, wobei aber der Einfluß der Hochsprache schon stärker hervortritt. Die Verwurzelung in der Tradition ist so gering, daß alte Worte zwar noch bekannt sind, aber weitgehend nicht mehr verwendet werden.
Sofern nun die Mundart an die folgende Generation weitergegeben und im häuslichen und dörflichen Bereich gepflegt wurde, ist der Einfluß der Umgangssprache sowie der Hochsprache sehr groß, wodurch die Originalität und die traditionelle Sprechweise immer mehr verschwindet. Sogar hochdeutsche Wörter, für die es entsprechende mundartliche gäbe, werden zum Teil nicht mehr verwendet.
Ein Beispiel für den starken Wandel und das Nebeneinanderstehen der drei Sprachgruppen ist das Wort: Mössel – Zweiwel – Zweifel. (althochdeutsch: misschel). (21) Wenn in meiner Generation niemand mehr das Wort “Mössel” kennt, so würde keiner von den älteren Leuten in einer mundartlichen Unterhaltung “Zweifel” sagen.
Eine vierte Gruppe bilden die, die zwar keinen Dialekt mehr reden, wohl aber verstehen.
2.5.3 Problem Dialekt und Schule
Was die sprachliche Erziehung der nach 1970 geborenen Kinder angeht, so war der Einfluß der Pädagogen, die davon abrieten Dialekt zu sprechen, sehr groß. So läßt sich nicht nur in Hersdorf beobachten, daß mehr als 50% dieser Kinder nur “einsprachig” erzogen werden. Matthias Zender spricht schon 1962 von einer derartigen Bewegung in Niedersachsen und Westfalen und davon, daß die Entwicklung in der Eifel zukünftig zu ähnlichen Verhältnissen führe, sei zu befürchten.
“Es ist nicht zu bestreiten, daß der kleine Sextaner vom Dorf zunächst durch seine Mundart behindert wird, aber es ist mir gerade dieser Tage von Studienräten bestätigt worden, daß Mundartsprecher nach Überwindung der ersten Schwierigkeiten sich im Deutschunterricht recht gut zurechtfinden.” (22)
Sicherlich muß gerade auch der Grundschüler oft mit Wortschatz-und Rechtschreib-Schwierigkeiten kämpfen. So erinnere ich mich an mein 3. Schuljahr, als in der Klasse keiner der mundartsprechenden Schüler wußte, daß der Zaundraht an einem “Pfahl” befestigt wird und nicht an einem “Steipen“. Allenfalls gab es Versuche, den “ei” Laut in ein “ei” umzuformen und es mit “Steipen” zu versuchen.
<h3id=”mundart254″>2.5.4 Die soziale Akzeptabilität
Vielfach ist es so, daß die eigene Mundart als eine minderwertige, primitive Art der Verständigung angesehen wird. Im nichtdörflichen Bereich z.B. in Geschäften der nahegelegenen Städte scheut man es zumeist Mundart zu reden. Die Sprache der Medien ist von einigen Ausnahmen abgesehen des Hochdeutsche. Früher war es selbstverständlich, daß man mit kirchlichen Würdenträgern und dem Dorflehrer hochdeutsch sprechen mußte, was den Eindruck der Minderwertigkeit förderte. Diese Tendenz der Mundartverachtung um der Erreichung höheren Ansehens willen hat vielfach der Förderung einer Misch- oder Umgangssprache gedient. So haben diese Faktoren zum Verlust der Mundart beigetragen, obwohl man auch vom Sprechen der Hochsprache noch weit entfernt bleibt.
3. SCHLUßWORT
Meine heimatliche Mundart zeichnet sich durch folgende Merkmale aus. Es handelt sich um einen moselfränkischen Dialekt mit eindeutig ripuarischen Akzenten. Obwohl wir südlich der*Eifelbarriere” liegen, tauschen wir im Anlaut “g” gegen „j“ aus. Einflüsse und Lehnwörter aus anderen Sprachen sind deutlich erkennbar. Während die grammatikalischen Besonderheiten weit über Hersdorf und die umliegende Dorfgruppe hinausgehen, liegt das Originelle in bestimmten Ausdrücken und in einer spezifischen Artikulation. Wie andere Mundarten ist auch die Eifelmundart gefährdet durch den raschen wirtschaftlich/ technischen und sozialen Wandel, sowie durch den Rückgang dörflicher Gemeinschaft, die bessere verkehrsmäßige Erschließung und die zunehmende Motorisierung. Zur Erhaltung und Pflege unserer Mundart möchte ich einige, wenige Vorschläge machen.- In mundartlichen Unterhaltungen sollten hochdeutsche Wörter nur dann verwandt werden, wenn es an Mundart-Ausdrücken fehlt. Schon jetzt ist eine Tendenz zu einer Mischsprache deutlich zu erkennen.
- Eine “bilinguale” Erziehung für die noch intuitiv sehr lernfähigen Vorschulkinder würde der Erhaltung der individuellen, heimatlichen Mundart dienen und auch verhindern, daß das Hochdeutsche später wie eine Fremdsprache erlernt werden muß.
- In der Schule sollten mundartliche Lesestoffe, Gedichte echt behandelt werden.
- Laienspielgruppen sollten Mundart-Theater spielen.
- Die Heimatzeitung sollte sich nicht nur Volksfreund nennen, sondern zumindest in einem Teil auch so schreiben, wie das “Volk” redet.
4. LITERATURVERZEICHNES
Endres Edmund, Moselfränkische Mundart, Rheinland-Verlag, Köln, 1979
Frentzen Hans, Landkreis Prüm, Verlag der Zechnerschen Buchdruckerei, Speyer, 1959
Heinen Hugo, Der Löwenzahn in der Mundart der Kreisbevölkerung, in: Heimatkalender für den Kreis Bitburg-Prüm, Trier, 1977
Kelkel Franz, Winterspelter Wörterbuch, Winterspelt. 1981
Margraff Willi, Verlernen wir unsere Mundart, in: Zwischen Venn und Schneifel, St. Vith, 1/1978 – 6/1980
Schmitt Heinz, Römische Rtikte in der Mundart des Bitburger Landes, in: Heimatkalender für den Kreis Bitburg-Prüm, Trier, 1981
Steinmetz-Kikker Brigitte, Kinderreim und volkstümliches Sprachgut in der Westeifel, in: Heimatkalender für den Kreis Bitburg- Prüm, Trier, 1977
Wrede Adam, Eifeler Volkskunde, Ludwig-Röhrscheid Verlag, Bonn, 1960
Zender Matthias, Die Eifeler Mundart und ihre Pflege, in: Die Eifel, Jahrgang 57, 1962
4.1 Literaturhinweise
1 Zender Matthias, a.a.O. S. 66
2 Margraff Willi, a.a.O. 10/1978
3 Margraff Willi, a.a.O. 5/1979
4 Margraff Willi, a.a.O. 6/1978
5 Endres Edmund , a. a. 0. S. 12
6 Kelkel Franz, a.a.O. S.5
7 Margraff Willi, a.a.O. 7/1978
8 Schmitt Heinz, a.a.O. S. 176 ff
9 Margraff W., a.a.O. 7/1978
10 Kelkel F., a.a.O. S. 65/78/84
11 Frentzen Hans, a.a.O. S. lob
12 Wrede Adam„ a.a.O. S. 136
13 Frentzen H., a.a.O. S lob
14 Wrede A., a.a.CPJ S.136
15 Wrede A., a.a.0; S. 136
16 Frentzen H., a.a.0. S.1o6
17.Wrede A., a.a.0. S.139
18 Wrede A., a.a.O. S. 136
19 Steinmetz-Kikker Brigitte, a.a.O. 5176 f
20 Heinen Hugo, a.a.O. S.86
21 Kelkel F., a.a.O. S.67
22 Zender M., a.a.O. S. 69
23 Endres E. a.a.0. S. 81 ff
24 Kelkel F., a.a.0. S. 69
25 Kelkel F„ a.a.0. S.7